Dieses Wochenende sind wir in "La foux d'Allos", einem Skigebiet gar nicht so weit von uns. So bin ich denn heute noch einmal Ski gefahren. Doch der Tag begann zunächst eher bescheiden. Erst kam ich ewig nicht los, weil ich noch nach den Kindern schauen musste und dann kostete das Liftticket doch 40 € und keine 30 €, wie Alberic behauptet hatte. Davon abgesehen war fast alles vereist und es schneite fast den ganzen Tag - wobei das wohl sogar eher zum Vorteil gereichte, da ich mir sonst wohl gleich Schlittschuhe statt Skier hätte ausleihen können. Dazu kam noch, dass sämtliche Lifte hier offen sind und dementsprechend klitschnass waren - eine Eigenschaft, die die Unterseite meiner Oberschenkel und mein Po auch sogleich übernahmen.
Aber so leicht lasse ich mich dann doch nicht unterkriegen und mit der Zeit flog ich auch nicht mehr bei jedem unerwartetem Eisbrocken oder längeren Eisplatte auf die Schnauze, sondern fuhr in immer eleganter werdenden Bögen die Berge hinunter. Allerdings muss ich zugeben, insgesamt hat es mich heute öfter gelegt als beide Tage zusammen in La Plagne - und das ohne schwarze Pisten. Vor allem auch härter, Eisplatte ist eben nicht ganz so kuschlig wie Pulverschnee. Auch musste ich ständig gegenarbeiten, bei plötzlichen, weichen Schneehaufen, zwischen lauter Eis, die den einen Skier bremsten, während der andere beschleunigte. So war ich denn dann auch gar nicht mehr so unglücklich über die verlorene Zeit - vermutlich hätte ich sowieso nicht mehr gepackt. De facto habe ich sogar mehr als eine Stunde Pause in einer Hütte gemacht, um mich wieder aufzuwärmen, mit einer Gemüsesuppe. Die schmeckte zwar wie nur aus den pürierten Schalen gemacht, doch trotzdem genoss ich sie - wunderbar heiß und energiebringend breitete sie sich in meinem Magen aus und danach war sogar für eine Stunde fast klares Wetter. Überdies fand ich sogar zwei sehr schöne Pisten mit extra dicker Schicht Neuschnee auf dem Eis. Wie angenehm, wie lustvoll zu fahren! Nicht mehr dieses laute Geschabe und wunderbar auflockernd für meine Muskeln. Ich konnte sogar selbst ganz neue Spuren legen, da generell kaum wer unterwegs war - im Lift saß ich fast immer alleine - und auf diesen beiden Pisten wohl überhaupt nur drei Menschen vor mir gewesen waren! Fotos gibt es allerdings hiervon keine - die Wetterverhältnisse hielten mich davon ab meine Kamera mitzunehmen und in Anbetracht meiner teilweise durchaus spektakulären Stürze, war das auch wohl auch sehr vorausschauend. So wurde ich schließlich dafür belohnt nicht aufgegeben zu haben - was ich mir vor meiner Pause überlegt hatte - sondern mich durchzubeißen. Einfach das was funktioniert genießen und den Rest als Übung sehen.
Was auch eine Übung war, waren die enorm langen Schlepplifte, die teilweise über Steigungen steiler als 50 % führten. Vor allem - wenn du unfreiwillig aussteigst kommt kein neuer Teller nach, die kommen nur, wenn man einen abnimmt und sich einhängt. Glücklicherweise blieb es mir jedoch erspart herauszufinden, was man macht wenn man fernab der Piste vom Teller fällt. Mit der Zeit entdeckte ich auch wie ich mein Gewicht bei welcher Steigung verlagern muss, dass es sich nicht mehr ganz so wacklig anfühlt. Dann mochte ich diese Lifte sogar lieber als die Sessellifte, weil sie durch Trockenheit und deutlich weniger Wind all ihre Nachteile wettmachten. Zumal die Aussicht durch die Wolken sowieso nicht so atemberaubend war. Wobei - bei einer Fahrt mit einem der Sessellifte erspähte ich einen kleinen Bergbach, der aus einem Berg sprudelte um dann über kleine Steine und Felsen zu hüpfen um schließlich gurgelnd im Wald unter dem Schnee zu verschwinden.
So bin ich insgesamt sehr zufrieden mit dem heutigen Tag und blicke glücklich auf meinen heutigen Lernfortschritt. Ich bin schon nicht schlecht im Skifahren - auch wenn Kopfsteinpflasterschnee mich noch immer mal wieder zu Fall bringt und der Muskelkater sich jetzt bereits ankündigt.
Am Abend habe ich mir dann noch ein langes Bad gegönnt, während die Kinder ihren Vater beschlagnahmten und ihn nach draußen bugsierten. Später fielen sie noch über mich her bis zum Abendessen und wir machten allerlei Blödsinn.
Dieses Osterwochenende besuchte mich Flo, mein Freund - welch schönes Ostergeschenk. Wir bewohnten ein kleines Zimmer in Cotignac, gelegen inmitten der kleinen verwinkelten Gässchen, die so typisch sind für Frankreich. Ägyptische Bilder und ein Gemälde von einer Frau im weißem Kleid und mit Windhunden zierte die Wände. Insgesamt sehr geschmackvoll und gemütlich eingerichtet.
Während wir am Freitag am Wasserfall in Carcès waren und bereits ein wenig durch Cotignac geschlendert sind, waren wir am Samstag für ein Picknick am Verdon, nachdem wir lauter leckere Dinge auf dem Markt in Carcès dafür besorgt hatten. Wunderschön türkis-blau lag das Wasser da und es hatte die perfekte Temperatur, um im Kleid in der Sonne zu sitzen ohne zu schwitzen. Leichter Wind kräuselte den See, den der Verdon hier, neben Moustier-Sainte-Marie bildet und ein riesiger Greifvogel kreiste immer wieder in weiten Bögen über dem Himmel, um dann plötzlich im Sturzflug hinabzustoßen und später wieder aufzusteigen. Wasser, Bäume und Berge - ein Panorama wie ich es mir nur wünschen kann, für ein romantisches Picknick zu zweit!
Am Sonntag haben wir dann noch meine Lieblingsbäckerei geplündert, bevor es für Flo zurück nach Wien ging.
Schon um kurz vor acht haben sind die Kinder heute gebadet und hatten ihr Abendessen - so früh wie selten. So komme ich in mein Zimmer, als der Schein des frühen Abends noch alles hell erleuchtet. Es zieht mich nach draußen. Unter den freien Himmel. Heute Nacht wird es regnen. Die Wolken haben sich bereits versammelt, malen Muster ans Firmament. Die Stimmung ist episch und ein wenig barock. Es treibt mich weiter, raus in den Wein und dahinter auf das brachliegende Feld auf dem hunderte von Mohnblumen blühen. Breite, rote Tupfer im Grün, dazwischen gelegentlich ein kleiner, weißer von den Margeriten. Das Gras raschelt leise und nach und nach wird mein Schritt knirschend. Die Wiese liegt nun hinter mir. Staub und Steine. Über mir rauschen die Blätter der Bäume, die hier stehen - zwischen uns und den Nachbarn. Es riecht schon nach Nacht. Der Wind erzählt bereits von ihr. Bei der Grenze zu Nebenan kehre ich um. Ich möchte nicht der Dunkelheit begegnen, in deren Schutz sich allzu gerne Wildschweine bis ans Haus herantrauen. Auf dem Rückweg lasse ich mich noch etwas auf einen großen Felsbrocken zwischen dem Mohn nieder. Les coquelicots, so heißen sie auf französisch. Mir gefällt das Wort. Es hüpft im Mund. Ich schließe die Augen und lausche. Der Wind singt von Einsamkeit, die Vögel von Frühling und Zweisamkeit. In der Ferne höre ich die Autos auf der Landstraße und das Bimmeln des Glöckchens, dass der Hund von nebenan am Halsband trägt. Eine Komposition, die in die Stille führt. Tief atme ich ein bevor ich die Augen wieder öffne. Die Luft schmeckt nach Freiheit und mein Blick schweift noch einmal über die roten Tupfer, die mir zuzuzwinkern scheinen. Ich werde weit und weich. Auf dem Rückweg berühren meine Füße fast liebevoll den Boden. Kaum sichtbar ist die Spur, die zwischen den hohen, grünen Halmen hinterlasse. Glücklich kehre ich zurück ins Haus, dass mich warm empfängt, so dass meine Haut ein wenig kribbelt. Wie schön es doch ist lebendig zu sein!